Schlafmittelabhängigkeit und dessen Folgen
Schmerzmittelabhängigkeit: Süchtig nach Analgetika
Aspirin, Ibuprofen, Paracetamol, Diclofenac – dies sind die Schmerzmittel, die deutschlandweit frei verkäuflich in jeder Apotheke für wenig Geld zu haben sind. Ob bei Zahnweh, Rückenbeschwerden oder Kopfschmerzen – es genügt, ein bis zwei Tabletten einzunehmen, um für ein paar Stunden Ruhe zu haben. Der Nachteil: Dieser Effekt kann sich abnutzen und bei manchen Beschwerden sind die Wirkstoffe nicht effektiv genug, weshalb sich Schmerzpatienten von ihrem Arzt stärkere Medikamente verschreiben lassen. Diese können jedoch schwere Nebenwirkungen nach sich ziehen oder in eine Medikamentensucht führen. Daher ist es von großer Bedeutung, die Risiken von Schmerzmitteln nicht zu verkennen.
Arten von Schmerzmitteln
Die Anzahl der Medikamente gegen Schmerzen – in der Fachsprache als Analgetika bezeichnet – scheint schier unendlich. Die Unterscheidung erfolgt meist in drei Gruppen:
• Opiate (natürlich) / opioide (synthetische) Analgetika
• Nicht-opioide Analgetika
• Cannabinoide
Hierzulande sind vor allem opioide und nicht-opioide Analgetika im Fokus. Während nicht-opioide Analgetika wie Ibuprofen, Diclofenac, ASS oder Naproxen in niedrigen und mittleren Dosierungen rezeptfrei in jeder Apotheke erhältlich sind, können Opiate/opioide Schmerzmittel wie Morphin, Fentanyl und Tramadol ausschließlich auf Rezept erworben werden und unterliegen teilweise dem Betäubungsmittelgesetz. Mehr als 16 Millionen Deutsche greifen neuesten Umfragen zufolge regelmäßig zu rezeptfreien Schmerzmitteln. Auch bei den Opioiden ist die Zahl der Verordnungen in den vergangenen Jahren gestiegen. Folglich wächst die Anzahl der Menschen, die mit Fentanyl, Tilidin, Tramadol oder anderen Medikamenten dieser Gruppe behandelt werden.
Die spezifischen Wirkmechanismen von Schmerzmitteln variieren je nach Gruppe. Die Wirkung von Ibuprofen basiert vorrangig auf der Blockade von Enzymtätigkeiten, während Opioide an spezifische Rezeptoren im zentralen Nervensystem andocken und das chemische Gleichgewicht im Gehirn des Menschen verändern. Diese Medikamente bezeichnet man aus diesem Grund auch als psychoaktiv. Ein weiteres Merkmal ist, dass sie parallel zur schmerzstillenden Wirkung euphorisierende/angstlösende Effekte hervorrufen können. Vor allem dies verstärkt die Gefahr eines Missbrauchs bei Opiaten. Trotzdem das hohe Suchtpotenzial bekannt ist, lässt sich aus Statistiken schließen, dass Ärzte in Deutschland immer häufiger verschreibungspflichtige Schmerzmedikamente verordnen – häufig schon nach Zahnbehandlungen oder bei stressbedingtem Kopfschmerz. Zudem wird die vorgesehene Behandlungsdauer von wenigen Tagen vielfach überschritten, weil die Patienten dank großer Packungen Tabletten vorrätig haben. Es kommt auch vor, dass ungenutzte Pillen oder Tropfen an Freunde oder Verwandte weitergegeben werden, so dass diese sich den Besuch beim Arzt ersparen. Die Folgen sind am Beispiel der USA abzulesen, wo Millionen Amerikaner von Opioiden und Opiaten abhängig sind und eine regelrechte Epidemie dafür gesorgt hat, dass der damalige Präsident Donald Trump den Notstand ausrief.
Der Weg in die Abhängigkeit
Wer nur gelegentlich Schmerzmittel wie Ibuprofen nutzt, um Kopfschmerzen oder Rückenbeschwerden entgegenzuwirken, muss keine Abhängigkeit befürchten. Eine regelmäßige Einnahme, auch von nichtverschreibungspflichtigen Schmerzmitteln, kann allerdings zur Abhängigkeit führen. Ein noch höheres Abhängigkeitspotenzial haben die verschreibungspflichtigen Mittel wie Oxycodon, Tilidin oder Fentanyl. Sie können bereits in niedrigen Dosen abhängig machen. Derlei Arzneimittel dürfen daher nur für einen kurzen Zeitraum und in so niedriger Dosis wie möglich eingenommen werden. Andernfalls wirken sich die Präparate auf den Neurotransmitter-Stoffwechsel aus und beeinflussen die Konzentration der Botenstoffe im Gehirn. Soll heißen, die Wahrnehmung und Reizweiterleitung des Patienten wird aktiv verändert. Die durch die Analgetika verursachte schmerzstillende Wirkung und der euphorisierende Effekt wird vom Gehirn als Belohnung eingestuft und dies führt zur Ausbildung eines Suchtgedächtnisses. Das Gehirn verlangt immer wieder nach dieser „Belohnung“. Sollte sie ausbleiben, reagieren Körper und Psyche mit Entzugserscheinungen. Und wenn sich der Belohnungseffekt abnutzt, ist die logische Konsequenz eine höhere Dosis.
Bei Arzneimitteln wie Paracetamol, Ibuprofen oder dem Wirkstoff ASS sieht es ähnlich aus. Ein Gewöhnungseffekt ist möglich – die Schmerzmittel lösen nicht mehr dieselbe Wirkung aus. Reichte zu Beginn noch eine Tablette, um den Kopfschmerz zu mildern, müssen es irgendwann zwei oder drei Pillen sein. Zudem kann es sein, dass sich die Schmerzen verschlimmern – es bildet sich ein sogenannter medikamenteninduzierter Kopfschmerz aus. Auch die Nebenwirkungen der Wirkstoffe können sich verstärken, was in einem gesundheitlichen Dilemma resultiert. Ohne die Schmerzmittel zu existieren, scheint unmöglich, aber die regelmäßige Einnahme in immer höheren Dosen ist schädlich.
Symptome der Schmerzmittelabhängigkeit
Sowohl von verschreibungspflichtigen als auch von nicht-verschreibungspflichtigen Schmerzmitteln kann man abhängig werden. Allerdings müssen dabei zwei Qualitäten der Schmerzmittelsucht unterschieden werden. Menschen, die im Kampf gegen chronische Schmerzen ein starkes Opioid einnehmen, werden oft nach wenigen Wochen – häufig sogar Tagen – körperlich und psychisch abhängig. Die Symptome sind dabei unterschiedlich: Wenn Patienten die Dosis reduzieren, können sie unter körperlichen Entzugserscheinungen, wie Krämpfe, Kopfschmerzen, Zittern, depressive Verstimmungen, Schweißausbrüche, Magen-Darm-Beschwerden und sogar Halluzinationen oder Angst- und Panikattacken, leiden. Menschen mit einer Opioid-Sucht sollten sich daher stets in ärztliche Obhut begeben, um Schmerzmittel abzusetzen. Auch der Fokus auf die regelmäßige Einnahme kann auf eine Abhängigkeit hinweisen – schon allein der Gedanke, auf eine Tablette zu verzichten, führt zu Angst- und Panikgefühlen. Körperliche oder psychische Nebenwirkungen der Mittel werden in Kauf genommen; bei einer Toleranzentwicklung wird die tägliche Dosis der Tabletten oft eigenmächtig erhöht. Bis Schmerzpatienten realisieren, dass mit ihrem Medikamentenkonsum etwas nicht stimmt, ist es meist zu spät – die Sucht hat sich verfestigt und ohne Entzug ist ihr nicht mehr beizukommen.
Die Abhängigkeit von Schmerzmitteln wie Ibuprofen verläuft normalerweise ohne gravierende körperliche Entzugserscheinungen, weil sie sich eher auf psychischer Ebene auswirkt. Betroffene denken, dass die Schmerzen ohne Tabletten sofort wieder auftreten oder ohne diese nicht zu ertragen sind. Daher werden die Arzneimittel fortlaufend eingenommen – ohne medizinischen Grund. Oder sie nehmen die Tabletten oder Tropfen weiterhin ein, weil sie nicht wissen, dass die Schmerzen möglicherweise medikamenteninduziert sind.
Gefahren der Schmerzmittelabhängigkeit
Langfristige negative Konsequenzen für Körper und Psyche können das Resultat des dauerhaften Missbrauchs von Schmerzmitteln sein. Das trifft auf opioidhaltige Präparate ebenso zu wie auf Paracetamol, Ibuprofen und Diclofenac. Und letztere sind nicht nur wegen ihres Suchtpotenzials gefährlich. Die dauerhafte Einnahme kann Konzentrationsstörungen, psychische Erkrankungen sowie Gangunsicherheit, Verlust der Libido, Schlafstörungen und vieles mehr verursachen. Bedenklich ist zudem, dass Betroffene der Medikamenteneinnahme alles andere unterordnen, was in die soziale Isolation führen kann.
Zwar haben Medikamente wie Paracetamol, Ibuprofen oder Aspirin einen anderen Suchtcharakter als verschreibungspflichtige Schmerzmittel wie Morphin oder Fentanyl, doch der dauerhafte Missbrauch birgt auch hier ein hohes Risiko für die Gesundheit. Zahlreiche Wirkstoffe nicht rezeptpflichtiger Schmerzmittel verursachen bei langfristiger Anwendung und höheren Dosierungen organische Schäden und haben lebensgefährliche Konsequenzen. Als häufige Begleiterscheinungen bzw. gefährliche Nebenwirkungen gelten (je nach Präparat):
• Schwere Leberschäden
• Magen-Darm-Erkrankungen
• Herz-Kreislauf-Erkrankungen
• Nierenschäden bis hin zu Dialysepflichtigkeit
Mit längerer Einnahmephase und höherer Dosis wachsen auch die Risiken. Die Dauer einer als unbedenklich einzustufenden Behandlung ist aus ärztlicher Sicht umstritten. Manche Ärzte empfehlen eine Behandlung mit rezeptfreien Medikamenten nur an maximal fünf Tagen pro Monat andere sehen ernstzunehmende Folgen der Wirkstoffe erst nach 15 Tagen pro Monat. Strenger sind die Vorgaben und Richtlinien bei opioidhaltigen Schmerzmitteln – die Dosis sollte stets so gering wie möglich ausfallen und über den kürzest möglichen Zeitraum eingenommen werden.
Handlungsmöglichkeiten bei Schmerzmittelabhängigkeit
Patienten, die über Jahre hinweg Medikamente bewusst oder unbewusst missbrauchen, schaffen es häufig nicht ohne Hilfe, einen Weg aus der Spirale zu finden. Beispielsweise gibt es viele Betroffene, denen ihre Abhängigkeit gar nicht bewusst ist – die Einnahme von Arzneimitteln gegen ihre Schmerzen gehört zur Alltagsroutine und die Gefahren werden dabei oft unterschätzt. Des Weiteren gibt es Patienten, die ihre Sucht registriert haben, sich aber vor dem Entzug fürchten, aus Angst, ohne Tabletten sofort wieder unter den ursprünglichen Symptomen zu leiden. Auch die Scham und die Angst vor einer Stigmatisierung spielen dabei eine Rolle, schließlich werden Suchtkrankheiten noch immer als Willens- oder Charakterschwäche missinterpretiert.
Ein Entzug ist der beste Weg, um die Schmerzmittelabhängigkeit zu überwinden, wobei dieser Weg stets an die individuelle Suchthistorie angepasst werden sollte. Patienten, die von Opioid-Schmerzmitteln abhängig sind, sollten nicht allein und ohne Betreuung durch einen Arzt entziehen, weil mögliche Entzugserscheinungen belastend sind und unter Umständen sogar lebensbedrohlich sein können.
Ein schrittweises Ausschleichen der Medikamente bewirkt einen körperlichen Entzug. Die Dosis wird nach und nach reduziert, wodurch sich die Entzugserscheinungen in Grenzen halten und Körper und Psyche sich an den Verzicht gewöhnen. Die Entgiftung und die anschließende psychotherapeutische Behandlung werden an die Bedürfnisse des Suchtkranken angepasst, um betroffene Personen so wenig wie möglich zu belasten. Darüber hinaus werden die Ursachen der Suchtentwicklung analysiert und Strategien für den Umgang mit Arzneimitteln sowie belastenden Situationen entwickelt. Eine ganzheitliche Behandlung des Suchtkranken ist das Ziel, um langfristig wieder eine bessere Lebensqualität zu ermöglichen. Neben der psychotherapeutischen Betreuung zählen dazu auch begleitende Therapieangebote wie sport- und bewegungstherapeutische Angebote, Achtsamkeitstrainings, Entspannungsverfahren und Physiotherapie.