Alkoholentzug ambulant

Chancen & Risiken

Für die Mehr der Menschen in Deutschland gehört das Trinken von Alkohol zur Alltagskultur. Wird regelmäßiger Alkoholkonsum jedoch als traditioneller Genuss verklärt, wächst das Risiko, die Kontrolle über das Trinkverhalten zu verlieren. Oft ist letzte Rettung, beim Versagen den Alltag zu meistern – das kann bis zu einem Absturz führen – dann eine Therapie. Möglich sind in so einem Fall eine stationäre oder eine ambulante Behandlung. Den stationären Therapieangeboten werden in der Regel beste Erfolgsaussichten zugeschrieben, weil eine Entgiftung und Entwöhnung zeitgleich mit enger therapeutischer Begleitung geschehen. Für viele Alkoholiker ist ein Klinikaufenthalt allerdings mit zahlreichen Ängsten und Befürchtungen verbunden, so dass sie lieber einen ambulanten Alkoholentzug durchführen.

Vorteile eines ambulanten Alkoholentzugs?

Während Betroffene in einer Klinik Tag und Nacht unter medizinischer Aufsicht stehen, bietet eine ambulante Therapie zu Hause andere Bedingungen. Das gewohnte Umfeld bietet im Gegensatz zu einer 24-Stunden-Betreuung, in der vertrauten Umgebung oft mehr emotionale Stabilität. Ein Facharzt für Suchmedizin gewährleistet dennoch eine enge therapeutische Begleitung. Der Gesundheitszustand kann durch regelmäßige Untersuchungen in der Praxis erfolgen. Eine individuelle medikamentöse Einstellung hilft, Entzugserscheinungen zu mildern.

Lebensgefahr bei kaltem Entzug

Wer einen sogenannten „kalter Entzug“ im eigenen Wohnumfeld absolvieren will, macht dies in der Regel allerdings ohne medizinische Betreuung. Jedoch kann ein abrupter Trinkstopp Entzugserscheinungen derart verstärken, dass lebensgefährliche Folgen möglich sind. Die Forschung geht davon aus, dass bei rund 5 bis 15 Prozent solcher Betroffenen im kalten Entzug das lebensbedrohliche Delirium tremens auftreten kann. Dies erfordert eine umgehende und kontinuierliche ärztlichen Überwachung. Deshalb ist ein „kalter Entzug“ nie empfehlenswert.

Ablauf eines ambulanten Alkoholentzugs

Am Anfang jeder therapeutischen Begleitung steht ein ausführliches Beratungsgespräch mit einem Facharzt für Suchtmedizin. Der Ablauf und das weitere Vorgehen während der Entzugsphase werden besprochen. Erst danach erfolgen eine umfassende medizinische Diagnostik sowie die anschließende Abstimmung und Aufklärung über den Einsatz von Medikamenten. In der Zeit der Entgiftung wird ein täglicher Praxisbesuch angestrebt. Dies ist für die Überwachung des gesundheitlichen Zustandes von Patienten notwendig. Bei Bedarf wird die Medikamentation neu eingestellt. Verschlechtert sich der Gesundheitszustand von Patienten, kann eine stationäre Betreuung nötig werden. Zeigt sich aber nach einigen Tage im Entzug eine Verbesserung der Vitalsituation, können die Kontrolltermine in der Praxis zurückgefahren werden. Häufig ist schon in der zweiten Woche innerhalb der Entzugsphase nur noch alle zwei Tage ein Praxisbesuch nötig.

Medikamente bei Entzugserscheinungen

Vor möglichen Folgen und Nebenwirkungen während eines Entzugs haben Alkoholkranke oft große Angst. Solche Folgen können beispielsweise körperliche Schmerzen sein. Manches psychische Symptom, erschwert das erfolgreiche Absolvieren der Entgiftungsphase. Als begleitende Medikamente werden häufig Vitamin B1 verabreicht. Außerdem kann beispielsweise der Wirkstoff Benzodiazepin in den Arzneimitteln Diazepam, oder Oxazepam eingesetzt werden. Das Medikament hilft bei Zuständen von innerer Unruhe oder bei Schlaflosigkeit eingesetzt. Carbamazepin wiederum wird im Bedarfsfall oft als krampflösendes Mittel verabreicht.

Für wen ist eine ambulante Alkoholtherapie geeignet und wen nicht?

Bei folgenden Voraussetzungen wird ein ambulanter Entzug empfohlen.

  1. Die Fähigkeit und Bereitschaft zur aktiven Mitarbeit muss vorhanden sein.
  2. Ein intaktes soziales Umfeld sollte vorhanden sein.
  3. Eine hohe Motivation für ein angestrebte Abstinenz- sowie für das Absolvieren einer Therapie sollte vorliegen.
  4. Verlässlichkeit und verantwortungsbewusstes Handeln in der Therapie werden erwartet.
  5. Es sollten keine schweren körperlichen oder psychischen Erkrankungen vorliegen.

Für wen ist eine ambulante Betreuung nichtgeeignet?

Alleinlebenden Patienten, die möglicherweise zusätzlich noch in einem schwierigen sozialen Umfeld leben, ist von einer ambulanten Betreuung in der Regel abzuraten. Folgende Krankheiten bzw. Indikationen sind ebenfalls Ausschlusskriterien für eine ambulante Therapie:

  1. Ausgeprägte psychische Komorbiditäten, wie z. B. eine schwere Depression oder Psychose
  2. schwere Organschäden, wie Leberzirrhose
  3. Suizidalität (Selbstmordgedanken oder-absichten)
  4. Mischkonsum oder Mehrfachabhängigkeit
  5. Sollten Komplikationen der Entzugssymptomatik zu erwarten sein wie beispielsweise bereits in der Vergangenheit aufgetretene Delir oder Krampfanfälle, ist kein ambulanter Entzug zu empfehlen.
  6. Im Fall langjähriger und stark ausgeprägter Alkoholabhängigkeit
  7. Wer einen schlechten Allgemeinzustand aufweist, wie z.B. Untergewicht
  8. Auch Patienten mit Bluthochdruck wird ein ambulanter Entzug nicht empfohlen.

Ausschlusskriterien sind ebenfalls, wenn Patienten bereits mehrfach einen Entzug ohne Erfolg absolviert hatten. Das trifft auch auf Patienten zu, die bereits schwerwiegende Entzugssyndrome wie z. B. eine Delirium tremens oder Krampfanfälle in ihrer Vorgeschichte aufweisen.

Einbindung von Angehörigen

Bei jedem Entzug im häuslichen Umfeld sollten alle nahen Angehörigen über die Therapieabsicht informiert werden. Da ein ambulanter Alkoholentzug zu Hause für die Familie bzw. für Partner eine Belastungssituation erzeugen kann, sind gemeinsame, intensive Gespräche wichtig, vor allem weil eine aktive Unterstützung der Betroffenen erforderlich ist.

Dauer eines ambulanten Entzugs

Die Dauer eines Entzugs wird von verschiedenen Faktoren bestimmt. Oft sind die schwersten Entzugserscheinungen innerhalb weniger Tage bis zu zwei Wochen überwunden. Schwerer ist es sich von der psychischen Abhängigkeit zu lösen. Grundsätzlich ist zu sagen, dass es ein lebenslanges Suchtgedächtnisses existiert. Betroffenen sollte klar sein, dass die überstandene Entgiftung auf dem Weg in die Abstinenz nur ein erster Schritt ist. Die anschließende Behandlung einer psychischen Alkoholabhängigkeit mittels Entwöhnung bzw. Suchtrehabilitation ist die notwendige Theapiefortsetzung.

Alkoholentwöhnung unter ambulanter Betreuung

Tageskliniken und Rehakliniken bieten eine Alkoholentwöhnung, die sich an den Entzug anschließen sollte an. Die Entwöhnung kann aber ebenso erfolgreich durch eine Praxis für Suchtmedizin begleitet werden. Der Vorteil so einer Praxis ist es, dass in der Regel keine Wartezeiten auf einen Reha-Platz existieren. Lange Wartezeiten steigern nämlich das Rückfallrisiko. Oft können Reha-Kliniken einen nahtlosen Anschluss einer Entwöhnungsphase an die Entzugsphase nicht gewährleisten.

Ein weiterer Vorteil einer Praxis gegenüber einer Fachklinik ist das Angebot von Einzeltherapien. Solche Angebote unterstützen die therapeutische Aufarbeitung um die Abhängigkeitsursachen sowie die Erarbeitung veränderter Verhaltensstrategien und die Erzeugung neuer Denkmuster. In Reha-Kliniken finden Gruppentherapien statt. Diese tragen erfahrungsgemäß seltener zur sozialen Stabilisierung bei Betroffenen bei.